Mag nicht zu Bett gehen. Da ist diese junge Frau, 21, in diesem Film „Heute bin ich blond“. Die schlimmsten Schocker schreibt bekanntlich das Leben. Krebs in der Lunge, inoperabel. Therapie: 32 Wochen Chemo stationär. Und ich heul hier rum, weil mir von den Pillen übel ist. Die Frau kämpft wie ein Wolf, ein Bär, und ein Rudel Raubkatzen dazu. Sie schafft es. Sie wird wieder gesund. Ich freu mich. Sehr. Ich bin neidisch. Mir ist zum Heulen zumute. Ich will auch gesund werden. Hab ich was falsch gemacht?
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Ich steh morgens auf. Da blitzt die Übelkeit durch meinen Körper. Grad schaffe ich es noch bis zum Klo. Aber kotzen muss ich nicht. Mein ganzer Körper zittert, jetzt versteh ich die Formulierung „wie Espenlaub“, in meinen Augen schießen Feuerwerkskörper gleißende Spiralen. In zwei Etappen schaffe ich den kurzen Weg bis zum Bett zurück. Dann kommen die Kopfschmerzen, rasen durch meinen Kopf, die Ouvertüre zu Fieber und Zähneklappern. Ich schaffe es nicht mal, nach der Teetasse neben mir zu langen. Den ganzen Tag. Bis Abends. Ich hatte vergessen, was es bedeutet, bettlägerig krank zu sein. Die Gedankenachterbahn rollt wieder durch meine Hirnwindungen: Und du willst wieder arbeiten? Du bist komplett irre. Sieh den Dingen ins Auge, der Tod grinst dir ins Gesicht und wedelt mit der Sense und du machst auf Ich-bin-dann-mal-in-der-Schule. Ausgewachsene Wahrnehmungsstörung, Verdrängung genannt. Hau ab aus allen Pflichten, scher dich um alles einen Dreck und richte es dir in der Selbstaufgabe häuslich ein. Da wohnt es sich so bequem.
Aber weil ich ja ein Stehaufmännchen bin, und sich Fieber und Kopfschmerzen davongeschlichen haben, weil es nämlich nur ein Magen-Darm-Virus war, ätsch, steig ich am nächsten Morgen ins Auto und fahr zur Arbeit. Dreh die Musik bis zum Anschlag auf und schieb mir die Sonnenbrille auf die Nase, läg draußen kein Schnee, läg mein linker Arm jetzt lässig auf der runtergekurbelten Scheibe. Wow, Leute, das ist mein persönlicher roadmovie, in dem ich unterwegs bin, ich halte cool die Zapfpistole an der Tankstelle und fühl mich wie James Dean. Heute gehört mir die Welt. Es ist so irrsinnig cool, das Haus zu verlassen. Im Überschwang putz ich sogar die Heckscheibe. Die frische Brise zieh ich mir rein wie ein Fixer seine Line Koks. Sogar der Schnee glitzert Verheißung. Hey, du hast ja gutes Wetter mitgebracht, werd ich begrüßt. Klar, alles geplant, alles im Griff, kein großer Deal für master of the universe. Gestern war nichts, heut bin ich alles. Zukunft, ich schmatz dir links und rechts eine, Zukunft, du bist mein Jetzt.
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Ich klopp fünf Stunden Probe durch, ich schreib zwei Stunden Textbuch, ich klopp wieder zwei Stunden Probe durch, und jag dabei mein Kopfweh und meine Übelkeit und den Krebs zum Teufel: Wenn ich arbeite, dann hast du dein gieriges Maul zu halten, und deine Nebenwirkungskumpels können mich mindestens wie der alte Götz von Berlichingen.
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