Let it be

Am seidenen Faden häng ich nicht. Noch nicht. Geknüpft ans Seil meines Lebens baumeln meine Aktivitäten. Einer nach der andern geb ich Schnur, lass sie durch meine Finger gleiten, los. Halte ich das Tau zu straff, brennt es sich in meine Haut, lass ich einfach los, schießt es zügellos davon und ich steh mit leeren Händen da.
Und ich drück auf die Kalenderfunktion „Ereignis löschen“. Mein smartes Handy, das weiß, was ich wissen soll, fragt mich: „Nur dieses Ereignis“ oder „Alle zukünftigen Ereignisse“. Ich drücke „alle zukünftigen Ereignisse“. Donnerstags Fitnesstraining. Täglich: Job. Täglich: Theaterprojekt eins. Täglich: Theaterprojekt zwei.
Dienstags Pilatestraining.
Als ich mein letztes Theaterprojekt abgebe, brauche ich eine dreifache Portion Birne Helene, um den Tag zu überstehen. Gegen Tränenflut hilft nur ein fettes Bollwerk Zucker.
Ich habe zwar eine Metastase im Bauch, aber die Bauchmuskelübungen werden durchgezogen. Dachte ich. Mein Geist sagt: Spinnst du? Stopp! Ich gehorche. Sofort. Die Trainerin sieht mich forschend an, aber sie fragt nicht. Sie weiß Bescheid. Bin nach dem Training total erschossen und weiß, dass ich künftig nicht mehr die Erweiterung der Erweiterung der Basisübung mache, sondern auf dem Boden der Tatsachen, Stufe Eins, bleibe. Ehrgeiz, verabschiede dich. Aber ich melde mich bei drei neuen Yoga-Kursen an. Trotz, komm raus, du bist umzingelt. Dann bewege ich eben weniger meinen Körper, aber dafür mehr meinen Atem und meinen Geist. Ätsch! Statt Bi- und Trizeps zu stressen reise ich entspannt ins Innere meiner Nasenwurzel. Hübsch atmen, damit sich das Tor zum reinen Geist öffnet. Wer weiß, was ich auf meine gezählten Tage noch alles entdecke. Planeten, Galaxien, Universen. Ich halte es wie mit dem Treppensteigen in der Uniklinik. Solange ich mich bewegen kann, bewege ich mich und solange geht auch was.

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